Ich bin verheiratet, habe mit einem ebenfalls verheirateten Kollegen ein Verhältnis. Wir haben beruflich nichts miteinander zu tun und uns immer in unserer Privatzeit getroffen, daher auch keine Einschränkung der beruflichen Leistung/Arbeit. Problem — der Chef meines Kollegen hat sich in der Urlaubszeit ohne dessen Zustimmung Zugriff zum PC verschafft und eindeutige Mails, die wir uns geschrieben haben (nicht über Internet, sondern Firmenoutlook) gefunden. Dieser Chef hat ihm am 1. Arbeitstag mitgeteilt, dass er wegen Vertrauensbruch kündigen müsse oder ihm fristgerecht gekündigt wird. Er würde ihm auch helfen bei der Suche nach einem neuen Job. Dieser Vorgesetzte ist mit seinen Informationen zum Personalchef marschiert und ebenfalls zur Geschäftsleitung. Die Geschäftsleitung will meinen Kollegen behalten und der Personalchef hat eingewendet, dass man eine Masse Mitarbeiter kündigen müsse, wäre der Kündigungsgrund Missbrauch des Mails mit privaten Nachrichten. Mein Kollege ist der Meinung, dass man uns nichts kann, da sich der Chef strafbar gemacht habe, weil er ohne Einwilligung Zugang zu privaten Daten seines Mitarbeiters erlangt habe. Darf dieser Chef die Daten weitergeben? Muss ich damit rechnen, dass ich jetzt gekündigt werde, wenn z.B. mein Chef informiert wird? Unterliegt der Chef der Schweigepflicht bzw. sind private Daten geschützt oder kann er mit der Geschichte hausieren gehen? Sie müssen wissen, ich liebe meinen Job, mache ihn gut und gerne und kann sicherstellen, dass die Beziehung keinerlei negative Auswirkung auf meine Arbeitsleistung hatte. Kann ich wegen des Schreiben von Mails während der Arbeitszeit gekündigt werden oder eine Abmahnung bekommen? Werden meine Kollegen oder mein Mann darüber informiert, was der Chef meines Kollegen heraus gefunden hat oder darf dieser über die erworbenen, vertraulichen privaten Mails nichts sagen?
Womit genau muss ich jetzt rechnen ? Wie sieht die Rechtslage aus? Was kann ich tun und was sollte ich lassen? Soll ich einfach ängstlich abwarten, was in den nächsten Tagen geschieht oder ein Gespräch suchen und wenn ja, mit wem? Ich habe schreckliche Angst, dass die Affäre bekannt wird und mir beruflich wie privat schadet.
DAnn noch als letzte Frage — die Unterlagen, die sein Chef hat (den Mailverkehr zwischen uns) — kann man ihn zur Herausgabe der Daten zwingen oder kann dieser die behalten und mich oder meinen Kollegen damit irgendwann erpressen? Ich finde es schrecklich, dass jemand etwas gegen mich in der Hand hat und z.B. meinem Chef, meinem Mann oder anderen Mitarbeitern aus der Firma zeigen könnte.
Bitte um schnelle Beantwortung meiner Fragen, da ich sehr verzweifelt bin und das Spiessroutenlaufen und nicht wissen wie ich mich verhalten soll mich körperlich fertig macht. Mein Kollege ist nach der Mitteilung durch den Chef zusammen gebrochen und ins Krankenhaus gebracht worden. Ich befürchte, dass mir das Gleiche bevorsteht.
Danke vorab für Ihr Verständnis.
Daniel_heiniger hat am 19/8/2004 geantwortet
Liebe Melissa
Also, mit der genauen Rechtslage kenne ich mich auch nicht präzise aus. Da müsstest du schon einen Anwalt fragen. Aber ich würde mir da keine grossen Sorgen machen.
Soweit ich weiss ist das Postgeheimnis heilig und gilt auch für elektronische Post. Normaler Usus in Firmen ist, dass in moderatem Mass der Gebrauch der Arbeitsmittel auch für private Zwecke toleriert wird. Es sagt ja auch kaum jemand was, wenn du mal jemand privat anrufst und ein paar Minuten telefonierst. Und solche Gespräche dürfen auch nicht abgehört werden.
Allenfalls kann die Firma eine besondere Politik festlegen, wie genau mit Arbeitsmitteln wie PC und Internet und E‑Mail usw. verfahren werden darf/kann/soll/muss. Eine allfällige Ãœberwachung hat sich auf die Aufzeichnung von Verkehrsdaten zu beschränken (angerufene Rufnummer, Uhrzeit, Dauer, E‑Mail-Adresse) und darf nicht den Inhalt umfassen. Bei Telefongesprächen ist eine Aufzeichnung erlaubt, wenn sie deklariert wird und wenn sie dazu dient, die Leistung zu verbessern (wenn du z.B. telefonische Kundenberatungen machst und das Gespräch zu Schulungszwecken verwendet wird).
Es scheint mir völlig klar, dass sich der Chef widerrechtlich Zutritt zu vertraulichen Daten des Mitarbeiters verschafft hat und dieses Wissen auf keinen Fall weiterverwenden darf. Die Geschäftsleitung und die Personalabteilung haben in diesem Sinne ja wunderbar und korrekt reagiert. Vielmehr müsste der Chef abgemahnt werden, aber das wird wohl auch nicht passieren.
Falls diese Information zu Deinem Chef gelangen sollte, kannst du sogar soweit gehen, den Chef deines Freundes zu verklagen deswegen. Falls er soweit gehen sollte, dass er dich und ihn zu erpressen versucht, dann ist der Schritt zur Polizei der richtige. Bzw. Dein Freund sollte in einem solchen Fall direkt an den Vorgesetzten seines Chefs gehen (oder auch an die Geschäftsleitung und das Personalwesen, was sein Chef ja auch gemacht hat). Meine persönliche Meinung ist, dass er diese inkriminierenden Unterlagen herausgeben oder vernichten muss. Auch das sollte über seinen Chef bzw. die Personalabteilung geregelt werden.
Hmmm. Beim erneuten Durchlesen fällt mir grad die Sache mit dem Krankenhaus auf. Eigentlich wäre die Aufgabe deines Freundes, sich hier zu wehren. Wie gesagt, durch Personalabteilung und Vorgesetzten des Chefs. Da er hier aber bedauerlicherweise ausfällt, kannst du wohl nichts anderes tun, als abzuwarten und zu hoffen, dass dieser üble Chef nicht noch weiter geht, als er es schon tut.
Falls doch etwas zu deinem Chef gelangen sollte, dann denke ich, dass du die Sache ihm gegenüber leicht ausbügeln kannst, vorausgesetzt, dass da ein gewisses Vertrauensverhältnis da ist. Sag ihm einfach, was du mir gesagt hast, dass nämlich diese Geschichte deine Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt habe und dass du denkst, dass dieses sehr private Angelegenheiten sind, die du selbst regeln wollest.
Ich glaube nicht, dass du im Moment etwas tun kannst. Du kannst nur hoffen, dass dieser Chef wieder zu Verstand kommt. Wenn du das Gespräch suchst mit ihm, kann das die Sache evtl. noch verschlimmern. Je nachdem, wie gut dein Verhältnis zu deinem eigenen Chef ist, kannst du ihm gegenüber ja etwas erzählen. Wenn er Verständnis hat, ist alles in Butter.
Tschuldigung, ich hoffe, dass mein frecher Gebrauch des Du nicht stört.
Und hoffe, dass ich helfen konnte
— Daniel
Melissa3107 hat am 20/8/2004 gefragt:
Hallo Daniel,
die Bewertungsfunktion funktioniert nicht, daher schicke ich dir meinen Kommentar als Anschlussfrage:
Das “du” stört mich nicht im geringsten, es wirkt vertraulich und dieses Gefühl fehlt mir derzeit in meinem Leben leider. Ich danke dir für die mich doch ziemlich beruhigende Antwort. Mein Freund ist seit gestern wieder im Unternehmen, er hatte allerdings kaum Gelegenheit mir viel zu erzählen, da er zur Zeit die Füsse ganz still halten müsse. Natürlich kann es nicht so weitergehen wie vorher. Seitdem ich ein wenig beruhigt bin, was die berufliche Lage angeht, empfinde ich nur tiefe Traurigkeit, dass etwas so wunderbares, so viel Glück auf beiden Seiten zu Ende sein muss, obwohl es keiner von uns will. Wir hatten aus Vernunftgründen vereinbart, dass wir bei unseren Familien bleiben, schliesslich konnten wir uns das vom Leben geben, was jeder zu Hause vermisst hat. Wir sind einfach füreinander geschaffen und müssen uns jetzt wieder trennen. Es tut schrecklich weh, aber ich muss es akzeptieren. Ich emfinde eine Riesenwut auf seinen Chef, der unser beider Glück so dreist zerstört hat. Zur Zeit hat mein Freund einiges beruflich am Hals und wie er mir kurz mitteilte, brodelt bereits die Gerüchteküche. Nicht nur meinetwegen, wohlgesagt. Da sind auf seiner Seite wohl einige Dinge nicht ganz sauber gelaufen oder werden vom Chef als Vertrauensbruch dargestellt. Man hat meinem Freund gestern versichert, dass weder er noch ich um den Job bangen müssten. Mit seinem Chef habe er sich kurz ausgesprochen und “vertragen”. Aber ob eine weitere Zusammenarbeit zwischen den beiden unter diesen Umständen möglich ist, soll noch geklärt werden. Heute konnte ich nur wenige Sätze mit ihm reden. Er erklärte mir, dass er sich einfach still verhalten müsse und wir demnächst reden würden — privat natürlich.
Nochmal tausend Dank für die Antwort. Ich weiss nicht, welches Gefühl schlimmer ist und welches leichter zu bewältigen ist. Die Tage voller Angst sind zwar vorbei, dafür bin ich psychisch am Boden, weil ich das Wunderbarste auf der Welt verloren habe, was ich je — wenn auch nur kurz — besass und was eigentlich meine schlimme Ehe aufrechterhielt. Wie ich zukünftig ohne diesen Trost weiterleben kann, das weiss ich heute noch nicht. Ich habe eine ziemlich harte Zeit vor mir, bete aber, dass ich nie wieder befürchten muss, dass etwas berufliches hinterherkommt.
Vielen Dank, du hast mir wahnsinnig geholfen in meiner Verzweiflung.
Melissa.
Daniel_heiniger hat am 23/8/2004 geantwortet
Gut. Freut mich, dass ich Dir helfen konnte
— Daniel
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