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Wirklich nur eine Krise?

CICCIOLINA hat am 2/5/2003 gefragt:
Mein Fre­und und ich sind seid
1 1/2 Jahren zusammen.
Obwohl wir schon von Anfang an Kom­mu­nika­tion­ss­chwierigkeit­en hat­ten, und es in unser­er Beziehung noch nie wirk­lich ruhig zuge­gan­gen ist, belastet mich die jet­zige Sit­u­a­tion extrem. Ich liebe ihn sehr und er mich auch, aber seid 2 monat­en ner­ven wir einan­der sehr oft, ich mache ihn aggres­siv und er mich. Oft wegen Kleinigkeit­en. Ich möchte am lieb­sten immer genau wis­sen, was dies­mal das Prob­lem war und was er emp­fun­den hat in der Sit­u­a­tion, was dies­mal der Aus­lös­er für seine Aggres­sio­nen war, aber dann wird er noch aggres­siv­er. Wenn ich ver­suchen will, darüber zu reden, wirds nur noch schlim­mer, er wird wütend!er wartet lieber ab, und nach kurz­er Zeit (wenn’s gut geht) ist es wieder einiger­massen okay und er hat sich beruhigt. Aber ich kann nicht alles in mich hineifressen, denn immer wenn wieder so was geschieht, frage ich mich: “was ist nur geschehen?” ich ste­he dann jedes­mal vor einem grossen Frageze­ichen, weil ich nicht begreifen kann, wie es wieder so schnell zu einem Stre­it kom­men konnte.Weil ich oft nicht begreife, wieso dass er wieder wütend gewor­den ist. ich möchte darüber reden, denn ich denke, dass man sich bess­er ken­nen­lernt, wenn man die Gedanken, beson­ders in Stres­si­t­u­a­tio­nen, einan­der mit­teilt. Ich glaube nicht, dass unsere Prob­leme mit unserem Alter­sun­ter­schied zu tun haben (ich 22, er 35), son­dern vielle­icht damit, dass wir eine völ­lig andere “Kom­mu­nika­tion­sebene” haben.
Wieso ner­ven wir uns immer? Wir lieben uns doch! Wir fühlen uns bei­de voneinan­der provoziert, er denkt oft, ich wolle ihn absichtlich provozieren, und ich finde, dass er mich oft über­he­blich und arro­gant behan­delt. Ein Beispiel:Wir waren gestern in einem Brock­en­haus. Als ich ihm was gezeigt habe, was mir gefiel, lächelte er besser­wis­serisch und sagte mit seinem über­he­blichen Ton: “das ist nicht antik. Hat keinen his­torischen Wert.”
Und weil mich seine Reak­tion ver­let­zte, erk­lärte ich in etwas über­he­blichem Ton, dass mir eben das gefalle, was ich schön fände, und nicht, was his­torisch wertvoll sei. Es ging dann so weit­er, und ich hat­te das Gefühl, er reagiere gemein, wenn mir etwas gefällt was ihm nicht gefällt, mit Bemerkun­gen wie z.B. “das ist aber nicht dein Ernst oder?” Am Schluss waren wir bei­de wütend, und als ich ihm erk­lärte, ich fände die dinge, die ihm gefie­len, auch nicht schön, und deswe­gen doch nicht ver­let­zend und gemein wäre zu ihm, sagte er mir (nein, er schrie), dann solle ich mal drauf acht­en, wie ich reagiere. So qua­si, ich täte das selbe wie er. Das ist nur ein Beispiel unter 1000. Es ist ein Teufel­skreis. Wir haben viel zu wenig Respekt vor­einan­der. Dann gibts wieder Zeit­en, wo es wie im Film ist zwis­chen uns, dann reden wir (oder eher er) davon, dass wir heirat­en wer­den und was weiss ich. Aber diese ewigen Höhen und Tiefen sind doch nicht nor­mal! Wir sind vielle­icht bei­de zu tem­pera­mentvoll, ich ital­iener­in, er spanier, aber das ist doch keine entschuldigung. Wir sehen uns auch gar nicht zu oft, und wir wollen doch bald mal zusam­men­ziehen! Was ist nur los?
Manch­mal ist er so ego­is­tisch und arro­gant, und er denkt das
selbe über mich. Sind wir vielle­icht bei­de zu sen­si­bel und zu sehr mit uns selb­st beschäftigt? Ich will mit ihm zusam­men­bleiben, will ihn nicht verlieren.

Daniel_heiniger hat am 3/5/2003 geantwortet
Liebe Cic­ci­oli­na

Ich kenne wed­er die Psy­che ein­er Ital­iener­in, noch diejenige eines Spaniers beson­ders gut. Nur meine eigene, und ich bin Schweiz­er. Ob die Nation­al­ität etwas damit zu tun hat, weiss ich zwar nicht mit Bes­timmtheit, ich kann mir aber gut vorstellen, dass dem so ist. Und da ich im Sternze­ichen zusät­zlich noch eine Waage bin, führt das dazu, dass ich häu­fig zwis­chen zwei Parteien ver­mit­tle, wie z.B. jet­zt zwis­chen Dir und Deinem Freund… 😉


Was Du da beschreib­st, ist dur­chaus zwiespältig. Mit scheint, dass hier zwei Egos aufeinan­der­prallen, die sich zwar verbinden möcht­en, denen es aber offen­sichtlich bei­den schw­er fällt, auch mal vom eige­nen Stand­punkt abzurücken.


Wenn er im Laden z.B. wütend schre­it, Du sollest mal darauf acht­en, wie Du sel­ber reagierst, dann hält er Dir hier dur­chaus den richti­gen Spiegel vor. Du schreib­st ja selb­st, dass Du die Dinge, die ihm gefie­len, nicht so toll find­est. Das muss ja schon mal wie eine Belei­di­gung wirken. Auch wenn Du es hin­ter­her damit zu entkräften ver­suchst, dass Du deswe­gen aber nicht so ver­let­zend und gemein zu ihm seist. Sowas nen­nt sich trotz­dem “gle­ich­es mit gle­ichem vergel­ten” und ist sel­ten frucht­bar. Wie Du fest­gestellt hast, führt es nur zu ein­er Ver­här­tung der Fronten.


Meine Empfehlung wäre, dass Du ver­suchst, den Vor­wurf aus der Kom­mu­nika­tion her­auszunehmen und nur Deinen eige­nen Teil mit­teilst. Und zwar am besten so ruhig wie möglich. Kurz dur­chat­men, und dann ihm sagen “Lieb­ster, diese Bemerkung hat mich ver­let­zt. Ich empfinde sie als gemein. Ich gehe davon aus, dass Du sie nicht so gemeint hast.” Nicht mehr und nicht weniger. Und dann schaue mal, wie er jet­zt reagiert. Mein­er beschei­de­nen Mei­n­ung nach müsste ihm das den Wind aus den Segeln nehmen.


Sage ihm, was Du Dir von der Beziehung wün­scht. Wie Du Dich fühlst. Was die schö­nen Seit­en sind. Was Du an ihm lieb­st. Aber auch, eben, was Dich ver­let­zt. Ohne ihm vorzuschreiben, wie er sich zu ver­hal­ten hat, und ohne ihm zu sagen, was er ändern muss und wie. Sage ihm ein­fach, wie es Dir geht dabei. Und gle­ichzeit­ig soll­test Du ihn natür­lich so behan­deln, wie Du selb­st behan­deln wer­den möcht­est. Also ver­mut­lich ohne Gemein­heit­en, ohne “es ihm heimzuzahlen”.


Mit der anderen Kom­mu­nika­tion­sebene hast Du ver­mut­lich recht. Mit dem Alter kön­nte es allerd­ings dur­chaus auch etwas zu tun haben. Ein 35-jähriger Men­sch sieht viele Dinge anders als ein 22-jähriger.


Am Kom­mu­nika­tion­sstil lässt sich aber feilen. Du kannst auch mal sagen, dass es Dich schmerzt, dass jet­zt wieder so ein Stre­it ent­bran­nt ist. Dass Dein Gefühl ist, dass dieser Stre­it die Beziehung nicht ver­tieft, und dass Dir das weh tut.


Zusam­men­ziehen würde ich erst, wenn sich in diesem Bere­ich erste Verbesserun­gen zeigen (wenn ich mir diese Empfehlung erlauben darf).


Willst Du mir erzählen, wie es Dir weit­er erge­ht? Ich würde mich freuen.


Her­zliche Grüsse

— Daniel

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