Haben Sie überraschend eine hohe Rechnung für angeblich per Internet erbrachte Dienstleistungen bekommen? Sind Sie komplett komplett verunsichert, wie sie mit diesem Problem umgehen sollen? Dann geht es Ihnen wie den meisten anderen Opfern auch. Informieren Sie sich über Ihre Rechte, dann können Sie sich effizient zur Wehr setzen und den Abzockern einen Strich durch die Rechnung machen.
Das Web ist zum Allgemeingut geworden. Was auch immer man sucht, ein Rezept für den Muttertag, das neueste iPhone, Auskünfte zu einem Gebrauchtwagen, oder auch Unterstützung bei der Lösung der Hausaufgaben: Im Internet findet sich bestimmt etwas nützliches. Mehr und mehr unbefangene Nutzer kommen dazu, die sich nicht gut auskennen und auch den Computer nicht vollständig im Griff haben. Auf diese Klientel haben es Gaunerbanden abgesehen, die mit immer neuen Maschen das Netz unsicher machen. Das Ziel der Abzocker ist stets, ihren potentiellen Opfern einen lange laufenden Vertrag ohne nennenswerte Gegenleistung unterzujubeln.
Dabei hilft ihnen, dass sich heutzutage mit ein paar Mausklicks hübsche Webseiten zusammenklicken lassen, die punkto seriöser Anmutung denen grosser Unternehmer kaum nachstehen.
Seit rund drei Jahren grassiert diese Abzocke in verschiedensten Variationen. Kennt man die Tricks sollte man Verwandte und Freunde warnen. Für den meisten Ärger sorgt derzeit die Masche rund um opendownload.de. Dessen Hintermänner arbeiten gezielt mit der Erwartung der Surfer. Opendownload.de stellt sich auf den ersten Blick als Fundgrube zum herunterladen von kostenloser Software dar. Ob DivX, Acrobat Reader, Open Office, Flash Player oder FireFox — an populären Programmen ist kein Mangel. Open-Source Software wie Open Office ist mit dem Hinweis “Lizenz: Freeware” versehen. Dem Nutzer wird schon mit dem Namensbestandteil “Open” suggeriert, dass er die Programme kostenlos herunterladen kann. Vor dem Download verlangen die Betreiber allerdings mit einem Formular die persönlichen Daten des Surfers und irgendwo hat es noch ein Häkchen, das besagt, dass man die AGB zur Kenntnis genommen habe. Kurze Zeit später flattert die Rechnung ins Haus.
Besonders gerne lässt sich opendownload.de von anderen Ecken des Internet verlinken. Auf dem beliebten Portal kino.to etwa, wo sich Links zu Videostreams von aktuellen Kinofilmen finden lassen. Um den Stream betrachten zu können, heisst es da, müsse man den aktuellen Flash- oder DivX-Player herunterladen. Natürlich bei opendownload.
Die Rechtslage ist allerdings ziemlich klar. Insbesondere in Deutschland haben in der letzten Zeit mehrere Gerichte darauf erkannt, dass bei den bekannten Abofallen kein rechtsgültiger Vertrag zustandekommt und deshalb keine Zahlungspflicht bestehen kann.
Deshalb versuchen die Abzocker den ahnungslosen Surfer, der naiverweise seine Daten bei ihnen hinterlassen hat, möglichst rasch zur Zahlung zu bewegen. Sie tun dies, indem sie bereits im ersten Schreiben einen ruppigen Ton anschlagen, und in weiteren Schreiben immer schroffer zu werden, um die Opfer zu verunsichern. Dabei ist es eigentlich ganz einfach: Es braucht ein einziges Schreiben, das in bestimmtem Ton die Forderung ablehnt, und dann braucht man auf weitere Drohbriefe schlicht nicht mehr zu reagieren.
Ganz besonders einfach ist es, wenn der minderjährige Sohn oder die minderjährige Tochter auf so etwas hereingefallen ist: Die Kinder können ohne elterliche Einwilligung gar keine rechtsgültigen Verträge abschliessen. Deshalb lautet der Brief des Vaters eines minderjährigen Kindes so:
Musterbrief für die Eltern Minderjähriger
Die von Ihnen geltend gemachte Forderung besteht nicht.
Sollte sich mein Sohn/meine Tochter tatsächlich bei Ihnen angemeldet haben, ist jedenfalls kein Vertrag zustande gekommen. Eine etwaige von meinem/r minderjährigen Sohn/Tochter abgegebene Erklärung ist unwirksam, da mein Kind nicht die hierfür erforderliche Einwilligung hatte. Die Genehmigung eines etwaigen Vertragsabschlusses verweigere ich ausdrücklich.
Vorsorglich widerrufe ich eine etwaige Willenserklärung meines Sohnes/meiner Tochter. Schliesslich fechte ich höchst hilfsweise die etwaige Vertragserklärung meines Kindes wegen arglistiger Täuschung und wegen Irrtums über den Inhalt einer eventuellen Willenserklärung an.
Jegliche weiteren Zahlungsaufforderungen können Sie sich daher ersparen. Sollten Sie ein Betreibungsverfahren einleiten, werde ich unverzüglich Rechtsvorschlag gegen den Zahlungsbefehl erheben. Der Weitergabe und Nutzung sowie Speicherung der von Ihnen erhobenen Daten widerspreche ich ausdrücklich.
Volljährige müssen sich etwas besser absichern, wenn sie nicht zahlen wollen. Wer bereits bezahlt hat, hat wenig Aussichten, sein Geld wiederzubekommen, weil sich die Firmen im Ausland verstecken.
Musterbrief für volljährige Opfer
Die von Ihnen geltend gemachte Forderung besteht nicht.
Ein Vertrag zwischen uns ist nicht zustande gekommen. Es fehlt bereits an der Abgabe entsprechender Willenserklärungen. Die etwaig abgegebene Erklärung hätten Sie nicht dahingehend verstehen dürfen, dass ich mich vertraglich binden möchte. Im Übrigen weise ich Sie darauf hin, dass die Beweislast für einen wirksamen Vetragsschluss allein bei Ihnen liegt.
Hilfweise erkläre ich die Anfechtung eines etwaigen zwischen uns geschlossenen Vertrags wegen arglistiger Täuschung.
Hilfweise erkläre ich die Anfechtung eines etwaigen zwischen uns geschlossenen Vertrages wegen Irrtums. Einen von Ihnen absichtlich versteckt gehaltenen Hinweis auf die Kostenpflicht der Anmeldung habe ich nicht gesehen und unterlag insoweit einem Irrtum über die Kostenpflichtigkeit des Angebots.
Höchst hilfsweise erkläre ich den Widerruf meiner auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung. Sie hätten mich ordnungsgemäss über das Bestehen eines Widerrufsrechts aufklären müssen. Dies haben Sie nicht getan. Die von Ihnen vorgesehene Erklärung genügt nicht den Anforderungen des deutschen Rechts.
Jegliche weiteren Zahlungsaufforderungen können Sie sich daher ersparen. Sollten Sie ein Betreibungsverfahren einleiten, werde ich unverzüglich Rechtsvorschlag gegen den Zahlungsbefehl erheben. Der Weitergabe und Nutzung sowie Speicherung der von Ihnen erhobenen Daten widerspreche ich ausdrücklich.
Die Informationen dieses Artikels, sowie einige Auszüge, insbesondere grosse Teile der Musterbriefe, stammen aus dem Computermagazin c’t, Ausgabe 11/2009, Seiten 90 bis 98.
Siehe auch die Artiel “Ärgernisse des Jahres: Internet-Abzocke” sowie “Schamlose Abzocker heucheln Mitleid” der Zeitschrift Beobachter.