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Web-Design-Fragen: Fest vs. Variabel

Liebe Inter­net- bzw. Webdesigner

Als aus­ge­bilde­ter Infor­matik­er betra­chte ich mich als Tech­niker, der gerne hil­ft beim Bau von Webpräsen­zen. Als Grafik­er / Gestal­ter / Design­er füh­le ich mich weniger berufen. Dafür kann ich fast alles pro­gram­mieren, was an Funk­tion­al­ität vorstell­bar ist. Dabei arbeite ich gerne und häu­fig mit Design­ern zusam­men, die eine Vorstel­lung davon entwick­eln kön­nen, welche Far­ben und For­men und Gestal­tungse­le­mente auf ein­er Web­seite gut wirken, welche grafis­chen Ele­mente zum Inhalt ein­er Seite passen und welche nicht.

In diesem Zusam­men­hang möchte ich gerne ein­mal das Wort an Euch Grafik­er / Gestal­ter / Design­er richt­en (wie man euch genau beze­ich­net ist auch so ein unklar­er Punkt):

Oft tre­ffe ich auf Grafik­er, bei denen ich den Ein­druck habe, dass sie ein Design auf Papi­er brin­gen und es dann auf den Bild­schirm kleben. Das führt zwar dur­chaus zu hüb­schen Ergeb­nis­sen, aber diese sind eher fest und stur. Ich kann den Wun­sch nach klaren Struk­turen dur­chaus nachvol­lziehen. Selb­stver­ständlich macht es ein Design ein­fach­er, wenn alle Dinge an einem klar definierten Ort und mit klar definierten Grössen­ver­hält­nis­sen platziert wer­den können.

Ich wollte ein­fach wieder mal darauf hin­weisen, dass das Inter­net andere Gestal­tungsmöglichkeit­en hat als Papi­er oder Lein­wand. Und nicht nur das, eigentlich erfordert es sog­ar ein neues gestal­ter­isches Denken. Ich wage jet­zt mal zu behaupten, ohne dass ich dies­bezüglich eine beson­dere Vor­bil­dung hätte, dass die klas­sis­che Gestal­tung eben ger­ade von von “fes­ten For­men” (etwa einem Blatt Papi­er, oder einem vorgegebe­nen Raum, oder einem Stück Holz) aus­ge­ht, die dann eben frei (d.h. im Rah­men der vorgegebe­nen For­men) gestal­tet wer­den kön­nen. Inner­halb dieses Rah­mens oder dieser For­men hat man alle Frei­heit­en, die man sich ver­mut­lich wünscht. 

Im Inter­net ist die Sit­u­a­tion ein­fach nicht direkt ver­gle­ich­bar. Man darf als Gestal­ter nicht von fes­ten For­men, Pix­eln, Seit­en­ver­hätl­nis­sen, Grössen, ver­füg­baren Schrif­tarten aus­ge­hen, inner­halb der­er man die gestal­ter­ischen Ele­mente fest platziert. Son­dern man sollte seine Gestal­tung in dem Bewusst­sein for­men, dass diese Dinge je nach Sit­u­a­tion des Besuch­ers und der von ihm einge­set­zten Gerätschaften äusserst ver­schieden sein kön­nen. Und ger­ade deshalb sollte man anstreben, eine Web­seite so zu gestal­ten, dass sie möglichst vie­len Besuch­ern ein erfreulich­es Erleb­nis bietet. Hier­für find­et sich im Inter­net sel­ber zahllose Lit­er­atur, die auf ver­schieden­ste Punk­te einge­ht. Beispielsweise:

Dies bedeutet let­ztlich nichts anderes, als dass ein Designer/Grafiker/Gestalter sich auf nichts ver­lassen darf, son­dern dass er ide­al­er­weise mit den tat­säch­lichen Möglichkeit­en des Inter­nets spielt. Man kann Web­seit­en dur­chaus so gestal­ten, dass sie auch auf unter­schiedlich grossen Bild­schirm immer gut ausse­hen, indem man etwa die Möglichkeit­en von Bildele­menten vari­abler Grösse ausnutzt.

PDF-Dateien wiederum sind wieder etwas ganz anderes. Diese sind als eigentliche Druck­vor­la­gen kon­stru­iert und daher bestens geeignet, eine Gestal­tung für ein Blatt Papi­er der exak­ten Grösse A4 aufzunehmen. Dass man PDF-Dateien zufäl­lig auch noch mit dem Acro­bat Read­er auf dem Bild­schzirm anschauen kann, ist als “Zwis­chen­stufe vor dem Druck” oder “Vorschau” zu werten und nicht als tauglich­er Weg, eine Seit­engestal­tung für das Inter­net zu pro­duzieren. Die Möglichkeit­en des Read­ers, mit­tels Zoom die Seite zu ver­grössern oder zu verklein­ern ist ja nur ein verkrampfter Ver­such, ein Blatt Papi­er A4 auf einem Bild­schirm so darzustellen, dass man auch so viel wie möglich sieht. Aber bei diesem Ver­such wird auch klar, dass das eigentlich zum Scheit­ern verurteilt ist, und das so nichts wirk­lich bild­schirm­tauglich­es herauskommt.

Damit das klar ist: Ich habe nichts gegen schöne Designs. Aber ich habe etwas gegen die Vorstel­lung, die ich bei vie­len Grafikern/Gestaltern/Designern antr­e­ffe, nur mit einem fes­ten Design liesse sich ein schönes und stim­miges Gesamt­bild ein­er Web­site kom­ponieren. Das Gegen­teil ist der Fall: Nur mit flex­i­blen Ele­menten lässt sich das Opti­mum für ver­schieden­ste Sit­u­a­tio­nen herausholen.

Neben­bei: Mir ist sehr bewusst, dass meine eigene Home­page keines­falls repräsen­ta­tiv ist für ein flex­i­bles Design. Die neue maennerworkshop.de-Home­page ist da schon viel bess­er, aber auch noch nicht opti­mal. Ich empfehle, bei Sur­faus­flü­gen ins Inter­net ein­mal auch auf diese Aspek­te zu achten.

Natür­lich muss man die Dinge immer im Kon­text der Bedürfnisse sehen. Ich arbeite etwa jet­zt grad mit Google Mail. Und Google hat generell den Ruf, auf schlicht aber dafür nüt­zlich zu set­zen. Und der geld-im-internet-verdienen.biz macht wieder was anderes, was ich auch gut finde. Wichtig ist, dass man den Benutzer nicht gän­gelt und ihm vorschreibt, was er gut oder schön zu find­en hat. Schlauer ist es immer, dem Benutzer Wahlmöglichkeit­en anzu­bi­eten, wo er sel­ber bes­tim­men kann, auf welche Weise ihm etwas am besten gefällt.

Also: Nichts für ungut und auf eine weit­er­hin frucht­bare Zusammenarbeit
— Daniel

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