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Pupertät

Sandy_search hat am 18/1/2003 gefragt:
Meine Tochter, welche im Juni 2003 15 jahre alt wird, kapselt sich seit einem hal­ben Jahr regel­recht zu Hause ab! Nichts ist mehr recht Ich als Allein­erziehende Mut­ter, welche noch arbeit­en muss und auch noch 2 Knaben zu ver­sor­gen hat, im Alter von 9 und 11 Jahren, werde von ihr als ” nichts ” dargestellt! Wir kön­nen nicht zusam­men sprechen, da sie immer meint, sie wisse, was sie zu tun hat und ich brauche ihr nichts mehr zu sagen! Sie hat auch schon gesagt, dass es ihr zu Hause nicht mehr gefällt und dass andere ” mehr ” haben, als wir! Ich werde mit der Sit­u­a­tion im Moment ein­fach nicht fer­tig und habe mir auch schon gedacht, einen Psy­cholo­gen dazu zu ziehen! Vielle­icht wäre es gut, wenn wir eine Fam­i­lien­ther­a­pie machen wür­den?! Sie hil­ft auch über­haupt nichts mehr zu Hause. Auch mit ihren Brüdern kommt sie nicht mehr zu recht. Sie stichelt sie oft und haben viel Krach zusam­men. Und dann wieder ver­sucht sie, die Buben zu erziehen. Sie hat sich­er viel miter­lebt! Sie ist das Kind vom ersten Mann, welch­er Alko­ho­lik­er war und mich Mis­shan­delt hat! Als er anf­ing, meine Tochter mit 1/2 jährig zu schla­gen, habe ich, als sie 1 1/2 jährig war, meinen Mann ver­lassen! Mein 2 Ehe­mann hat uns psy­chisch Mis­shan­delt und diese Ehe ging nach 8 Jahren in die Brüche! Aus dieser Ehe stam­men die 2 Buben! Ich weiss mir keinen Rat mehr. Ich möchte ihr gerne helfen, aber ich weiss nicht wie! Wenn sie in der öffentlichkeit ist, geht es wun­der­bar und alle rüh­men meine Tochter, aber eben, zu Hause ist sie wie ein umgekehrter Hand­schuh! Vielle­icht wis­sen sie mir einen Rat!
Vie­len Dank!
San­dra

Daniel_heiniger hat am 20/1/2003 geantwortet
Liebe San­dra

Das ist eine sehr schwierige Sit­u­a­tion. Bei den Kindern mein­er Frau (ich bin also ihr zweit­er Mann) sind mir zum Glück solch mas­sive Schwierigkeit­en erspart geblieben, obwohl es auch mir gar nicht leicht fiel (um nicht zu sagen, dass es mir häu­fig miss­glück­te), in ihrer Pubertät die richti­gen Worte zu find­en, um mäs­si­gend oder rich­tungsweisend auf ihr Ver­hal­ten einzuwirken. Als nicht-so-geplagter Stief­vater darf ich Ihnen deshalb vielle­icht fol­gende Ratschläge geben:


Geduld — bringt Rosen, sagt man. Ich weiss, das ist viel leichter gesagt, als getan. Aber es hil­ft nichts: Sie könnnen Ihre Tochter nicht von heute auf mor­gen ändern, noch kön­nen Sie Sich selb­st so schnell ändern. Viele Dinge sieht man im Lauf der Zeit als weniger gravierend an. Das gilt ins­beson­dere für Ihre Tochter: Geben Sie ihr Zeit, sich in der Welt der Erwach­se­nen zurecht zu find­en. Das bedeutet ja vor allem, dass sie mehr und mehr Ver­ant­wor­tung für sich und andere übernehmen muss und wird. Das macht auch Angst. Und wiegt schwer.


Nicht provozieren lassen, Ruhe bewahren — Das gehört ins selbe Kapi­tel wie die Geduld. Und heisst: Herum­schreien mit rotem Kopf bringt wenig. Das steigert nur die Ver­bis­senheit, mit der man seinen eige­nen Stand­punkt vertei­digt, sowohl Sie als auch Ihre Tochter. Es ist bess­er, in Ruhe miteinan­der zu reden. Wenn die Wut ver­raucht ist. Und man Zeit hat.


Ehrlichkeit — Möglicher­weise hat sie ja recht mit ihrer Aus­sage, dass “andere mehr haben” als sie. Da hil­ft wohl kein Beschöni­gen. Tat­sachen sind Tat­sachen. Und die soll man auch aussprechen. Und dazu ste­hen. Ihr habt bei­de ein schw­eres Leben gehabt. Mehr lag und liegt nicht drin. Sie müssen wahrschein­lich jeden Franken zweimal umdrehen, bevor Sie ihn aus­geben. Das ist keine Schande. Es geht vie­len Men­schen so. Zur Schande wird es erst, wenn man sich dafür schämt. Aber wofür sollen Sie sich schä­men? Sie haben getan, was getan wer­den musste. Sie haben ihr ganzes Leben hart gear­beit­et. Dafür müssen Sie sich nicht schä­men. Schliesslich gibt es andere Mit­tel, um sich glück­lich zu machen, als mit Din­gen, die mit Geld zu kaufen sind. Unternehmen Sie etwas mit ihrer Tochter, was auch ihr Freude macht. Lassen Sie ihre Phan­tasie wal­ten. Das braucht nicht viel Geld.


Klare Lin­ie — Sagen Sie ihr in ruhi­gen Worten, was für Sie drin liegt, und was nicht. Dass Sie nach wie vor die Ver­ant­wor­tung für sie tra­gen, auch wenn ihr das nicht recht ist. Wie spät sie Abends nach Hause kom­men darf, wie sie Zuhause im Haushalt helfen soll. Wie Sie sich ihren Umgang mit ihren Brüdern vorstellen. Und dann aber auch darauf behar­ren. In anderen Worten: Ver­lan­gen Sie nichts, was Sie nicht auch bere­it sind, durchzusetzen.


Hil­fe suchen — die Idee mit dem Psy­cholo­gen ist gar nicht so schlecht. Auch hier: Es ist keine Schande, wenn man sich helfen lässt. Ich bin selb­st jahre­lang in Ther­a­pie gewe­sen und es hat mir sehr geholfen. Meine Empfehlung wäre, bei einem Ther­a­peuten oder ein­er Ther­a­peutin eine erste Sitzung zu machen und dabei erzäh­le, wie es Ihnen geht, und um was es Ihnen geht, bei was sie genau Hil­fe benöti­gen. Gle­ichzeit­ig soll­ten Sie her­aus­find­en, ob Sie sich bei diesem Ther­a­peuten oder dieser Ther­a­peutin wohl fühlen. Ob Sie ihm/ihr ver­trauen kön­nen. Das ist das wichtig­ste bei ein­er Ther­a­pie. Sie soll­ten ihn/sie auch darauf ansprechen, ob eine Fam­i­lien­ther­a­pie sin­nvoll sei, oder ob Sie sich vielle­icht erst ein­mal selb­st helfen lassen wollen und dadurch gestärkt wieder auf Ihre Tochter zuge­hen kön­nen. Im Raum Zürich/Baden/Lenzburg kenne ich noch den einen oder anderen Psy­cholo­gen, den ich empfehlen kön­nte. Wenn Sie mir Ihren Wohnort ver­rat­en (pri­vat natür­lich, nicht öffentlich), dann empfehle ich Ihnen gerne den einen oder anderen Therapeuten.


Mit her­zlichen Grüssen

— Daniel

Daniel_heiniger hat am 20/1/2003 geantwortet
Liebe San­dra. Danke für Ihre Bew­er­tung und beson­ders für den Kom­men­tar dazu.

Allerd­ings möchte ich dazu sagen: Nicht verza­gen! Es nicht zu schaf­fen ist keine Option. Was soll das auch heis­sen? Natür­lich schaf­fen Sie das. Aber lassen Sie sich dabei helfen.


Lei­der kenne ich mich im Kan­ton Solothurn mit Ther­a­peuten nicht so gut aus. Vielle­icht wollen Sie es ein­fach mal aufs ger­ate­wohl im Tele­fon­buch pro­bieren? Suchen Sie unter “Psy­chol­o­gis­che Beratung” oder “Psy­chother­a­pie”. Und, wie gesagt, wenn Sie sich beim Ther­a­peuten in der ersten Sitzung nicht wohl fühlen, sagen Sie ihm das und ver­suchen Sie es bei einem anderen. Diese Leute sind dafür aus­ge­bildet, mit sowas umge­hen zu kön­nen. Es macht auch nichts, wenn Sie mehrere “durch­pro­bieren”. Es ist schliesslich zu Ihrem Besten. Fra­gen Sie auch danach, ob die Stun­den mit der Krankenkasse abgerech­net wer­den kön­nen. Das ist häu­fig der Fall, beson­ders bei psy­chi­a­trisch aus­ge­bilde­ten Ärzten.


Ich frage mal bei meinen Fre­un­den herum. Vielle­icht find­et sich doch noch ein­er, der einen guten Solothurn­er Ther­a­peuten ken­nt. Aber ver­lassen Sie sich nicht darauf.


Herzlichst

— Daniel

Daniel_heiniger hat am 21/1/2003 geantwortet
Der einzige Ther­a­peut, den ich Dir anbi­eten kann, ist dieser hier:

Peter Stuc­ki, Therapeut

Oeku­menis­che Beratungsstelle

Ehe-Fam­i­lien- u. Part­ner­schafts­fra­gen Seeland-Solothurn

Bahn­hof­str. 16, 2502 Biel

Tel 032 322 7880


Es inter­essiert mich, wie es Dir weit­er erge­ht. Bitte halte mich auf dem laufenden.


Viel Erfolg!

— Daniel

Link zum Orig­i­nal­post bei wetellyou.ch

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